Freude, Trübsal, Plage und
Schmerz
Geboren wurde ich Frühjahr
2002. Es war noch sehr kalt in unserer kleinen Behausung.Schnee, lag noch
draußen um unseren Taubenschlag, der sich mitten im Bayrischen Wald befindet.
Umrahmt von mehr als 1000 Meter hohen Bergen in einigen Kilometern Entfernung.
Ein schöner Landstrich mit
vielen Wäldern ringsum. Hier aber hat auch unser ärgster Feind, der Habicht
sein zu Hause.
So muss ich mit meinen
Schlagpartnern immer sehr auf der Hut sein, um nicht in seine Fänge zu geraten.
Wir haben eigentlich ein
recht gemütliches Zuhause. Unser Chef der Alfred, lässt es uns an nichts
fehlen. Ich lernte Ihn im zarten Alter von 8 Tagen zum ersten mal bewusst
kennen, als er mir den Erkennungsring anlegte.
Ich bekam von Ihm die
Ringnummer 06557-02-235, zugeteilt. Damals hatte ich ganz schöne Angst, als er
mich in seine großen Hände nahm, merkte aber gleich wie behutsam er mit mir
umging, um mich ja nicht zu verletzen. Immer wieder im Abstand von einigen
Tagen nahm er mich in seine Hand und war jedes Mal ganz erfreut, wie gut ich
mich entwickelte. Ich verlor langsam meine Scheu gegenüber meinem Herrn, den er
war immer sehr fürsorglich mit mir und erzählte mir so manche kleine Geschichte
wie mein Taubenleben weiter verläuft. So vergingen die Tage, ich wurde immer
größer und schöner und wurde dann nach 26 Tagen in einen kleinen Schlag
gesetzt, wo meine nächste Heimat war. Hier waren wir an die 40 junge Tauben und
verbrachten eine wunderschöne Jugendzeit in den ersten Wochen unseres Lebens.
Der Sommer war eingekehrt und
wir hatten jeden Tag Freiflug von 8 Uhr morgens bis 17 Uhr abends, wir konnten
tun und lassen was wir wollten. Nur wenn abends die eine oder andere von
unserer Truppe nicht in den Schlag wollte, wurde Alfred ganz schön sauer. Dann
gab es wieder Schmalkost die nächsten Mahlzeiten. So lebten wir in den Tag
hinein. Dann aber war sie vorbei die schöne Zeit. Alfred erzählte uns was er
mit uns vorhatte. Wir sollten an Wettflügen teilnehmen.
Wir werden einfach irgendwo
hingefahren, erzählte er und wir sollten dann so schnell wie möglich wieder in
unsere Heimat zurückfliegen. Natürlich hatten wir große Angst als wir zum
ersten mal in so einen Einsatzkorb kamen.
Beim ersten Auflaß flogen wir panisch hin und her und wussten
gar nicht so recht wo es lang geht.
Überall Berge und Täler wo
aber war unsere Heimat ? Irgend wie aber kamen wir nach Hause. Nach einigen
Trainingsflügen wurde es immer besser und ich persönlich konnte mich ganz gut
zurecht finden auf dem Weg nach Hause. Es kam dann der erste Wettflug im großen
RV-Verband. Ach war da was los!
Überall wo ich hinsah Tauben.
Wo die nur alle her gekommen sind. Ich konnte plötzlich keine mehr von meinen
Schlagpartnern sehen und kämpfte mich ganz alleine nach Hause. Leider kam ich
zu spät an, sagte Alfred, aber andere waren zu meinem Glück noch gar nicht
eingetroffen.
Am Abend fehlten noch 12 von
38! Ach Gott was war da los. Die nächsten Tage wurden wir alle fürchterlich
krank. Wir haben uns mit der Jungtaubenkrankheit angesteckt, sagte uns
Alfred. Er versorgte uns so gut er es
vermochte, aber irgendwie wurden wir nicht mehr so richtig fit und wir waren
froh als die Wettflüge zu Ende waren in diesem Jahr. Ich konnte mich bei 3
Einsätzen immerhin 1x ganz gut platzieren als 217. von 1760 Tauben. Nicht
berauschend, aber für Alfred ganz passabel, wie er mir sagte. Im nächsten Jahr
als Jähriger sagt er mir, muß dies aber besser werden.
Herbst und Winter hatten wir
dann wieder ein wunderbares freies Leben. Wir durften wieder leben wie die
Hoftauben beim Nachbarn. Frank und frei den ganzen Tag, aber nur bis unser
spezieller Freund, der Habicht, den ersten Schlagpartner von mir wegholte. Dann
war es aus mit dem Lotterleben, Ausgangsperre bis zum nächsten Frühjahr. Als
Jähriger dann in 2003 konnte ich mich ganz gut in Szene setzen. Bei 11
Wettflügen in unserem RV-Verband konnte ich 8 mal in der Preiszeit zurückkehren
und Alfred war ganz zufrieden mit mir, lag ich bei den letzten 7 Flügen nur
einmal ganz knapp daneben. Als ich vom
Endflug heimkehrte flüsterte mir Alfred ganz leise ins Ohr, Du wirst ein
ganz guter, Du kannst noch mehr, Du wirst dich doch im nächsten Jahr nicht
wieder von deiner Nestschwester übertrumpfen lassen. Ja, meine Nestschwester
war eben einiges besser als ich, kam sie doch bei den 11 Flügen 10x mal in der
Preiszeit nach Hause und am Endflug war sie als Schlagerste, 5. im RV-Verband
bei noch 1358 Tauben im Rennen. Also Alfred konnte ganz zufrieden sein mit uns.
Dann kam das Reisejahr 2004.
Es sollte für mich ein Jahr der Trübsal werden. Ein Jahr weswegen auch diese
Zeilen zustande gekommen sind. Ein Jahr voller Freude, Pech und Schmerz. Wie
immer hat uns Alfred sehr sorgfältig und gewissenhaft auf diese Reisesaison
vorbereitet. Es fehlte uns an nichts. Alfred gab uns alles was für ein hartes,
langes Flugjahr nötig war. Er versorgte uns bestens, er zeigte uns seine ganze
Liebe. Immer beim einsetzen zum nächsten Flug sagte er jedem von uns leise ins
Ohr, die ganze Woche habe ich für dich gesorgt so gut ich konnte, gib mir
morgen, wenn du kannst, etwas zurück.
Und so zeigten wir uns Woche für Woche von unserer besten Seite um Alfred
nach Möglichkeit nicht arg zu enttäuschen. Gerade ich, sein Liebling, streckte
mich jede Woche so gut ich konnte. Ich legte die ersten Flüge los wie die
Feuerwehr. Woche für Woche kletterte ich in der RV-Rangliste nach vorne. Am 7.
Flug lag ich als bester Vogel der RV an 2. Stelle der Wertung, nur ganze 3
Asspunkte hinter einer Schlagpartnerin.
In der Fluggemeinschaft wo
wir bis zu diesem Wochenende 4x gegeneinander konkurrierten lag ich gegen 4587
gestarteten Tauben sogar an 1. Stelle der Wertung. Ich fühlte mich einfach
super in Form und Alfred sagte jede Woche zu mir!
So wie du zur Zeit aussiehst
kann dich keiner schlagen. Aber im Leben wachsen nicht alle Bäume in den
Taubenhimmel und so sollte auch mein Baum nicht in den Himmel wachsen.
Als mich Alfred zum 8.
Wettflug mit 341 km in den Einsatzkorb
setzen wollte, sah er furchtbares in meinem Flügel.
Die achte Schlagfeder von
meinem linken Flügel war gebrochen. Einfach weg. Es war nur noch ein kurzes
Stück von etwa 2 cm vorhanden, das vom
Federkiel rausragte. Alfred wurde ganz bleich als er das gesehen hat.
Warum ? Warum passiert das
gerade mir ?
Mir wo ich doch ganz vorne an
der Spitze der Wertung liege! Er kann es nicht fassen. Er weiß im Moment nicht
was er tun sollte. Gibt er mich mit auf den Wettflug ? Kann ich es ohne der Feder schaffen einen
Preis zu fliegen ? Er überlegte eine
Zeitlang, dann ein leichtes drücken seiner Hände, er streichelte noch kurz über
meinen Rücken und sagte mir, morgen wird ein schöner, schneller Flug ihr habt
etwas Rückenwind, du schaffst das schon. Ja, am nächsten Tag war wie
vorhergesehen, schönes, schattiges Flugwetter mit leichtem Rückenwind. Ich
musste mich ganz schön strecken, schaffte es aber mit dieser Lücke im Flügel
nicht, ganz an der Spitze mitzuhalten. Ganz schön abgekämpft erreichte ich unser
zu Hause. Alfred wartete schon ganz verzweifelt, hat er es richtig gemacht oder
nicht ?
Als er mich dann als 16. von
39 Schlagpartnern einfliegen sah, war er ganz schön gerührt, ich sah es Ihm an.
Er kam gleich in den Schlag, ging ganz langsam zu meiner Zelle und nahm mich
ganz behutsam in seine großen Hände und flüsterte mir ganz leise ins Ohr, danke
mein Kleiner. Er besah sich meinen Flügel und sagt zu mir, so können wir die
letzten 5 Flüge nicht durchziehen, es sind ja noch 2000 km zu fliegen.
In der RV + FG Wertung konnte
ich hinter meiner Schlagpartnerin zwar noch den 2. Platz behaupten, aber mein
Punkterückstand war auf 47 angewachsen. Wie er mir erzählte hat er sich an die
Züchterkollegen in der Einsatzstelle und RV gewandt, wie man so eine Feder
reparieren kann, aber keiner wusste Rat. Sogar bei unserer
Brieftaubenzeitschrift hat er angefragt ob sich irgendwo im Archiv eine Antwort
befindet. Leider war auch diese Auskunft nicht ausreichend. Für eine
Ausstellung ja, bekam er zur Antwort, da könne man durchaus eine Feder
einkleben und mit etwas Glück merkt es
der Preisrichter nicht. Die 8. Schlagfeder aber einkleben und die Taube sollte
in den nächsten 5 Wochen noch 2000 Kilometer fliegen, nein, so was hält nicht.
Da faste Alfred einen ganz
tollkühnen Entschluß!
Er dachte an sich selber und
plötzlich kam im der, vielleicht rettende Gedanke.
Warum sollte er meinen Flügel
nicht auch so reparieren wie er selbst von Ärzten repariert wurde. Er selbst
hatte einen sehr schweren Autounfall, bei dem er neben fast tödlichen
Verletzungen, viele Knochenbrüche davontrug. Warum sollte er nicht auch meine
Feder mit Metall zusammenflicken wie die Ärzte seine Knochen ? Er überlegte
nicht mehr lange und am Mittwoch kam er zu mir an die Zelle. So mein kleiner,
großer Kämpfer, jetzt schreiten wir zu deinem nächsten Kampf, wir wollen schon
sehen ob wir das nicht hinkriegen!
Ich war ganz gespannt! Was
hatte er vor ? Er ging mit mir ins Haus, in die Küche dort wartete seine Frau.
Die hatte eine Feder in der Hand. Es war die 8. Feder von meinem Vater der sich
im Zuchtschlag befindet und der diese Feder nicht unbedingt braucht. So mein
kleiner sagte mein Herr, diese Feder von deinem Vater bekommst du jetzt als
Ersatzfeder. Er schnitt mit einer Schere den Federstumpf meiner 8. Schlagfeder
gerade ab, passte die Länge der Feder von meinem Vater an und schnitt diese
genau an der passenden Stelle ab. Seine Frau reichte Ihm eine kleine feine, 3
cm lange Nähnadel. Die Spitze dieser Nadel schob er 1,5 cm in die
abgeschnittene Feder meines Vaters, dann faste er meinen Flügel und schob die
1,5 cm herausstehende Nadelöse in den
abgebrochenen Federstumpf meiner 8. linken Schlagfeder, bis die Enden
aufeinander lagen. Über die beiden Federenden träufelte er dann einen Tropfen
Industriekleber, darauf etwas Härtepulver und darüber noch einmal einen Tropfen
Industriekleber und fertig. Es war geschafft. Jetzt sagte Alfred zu mir machen
wir den Test. Er ging mit mir wieder in den Reiseschlag zurück und sagte zu
mir, wenn die Feder hält wenn du vom Schlagboden zu deiner Zelle hochfliegst
dann müsste es klappen. Ganz vorsichtig setzte er mich auf den Boden, ich ging
auf dem Schlagboden vor bis auf Höhe meiner Zelle und dann der spannende
Moment, hält sie oder nicht ? Ich putzte mir erst noch mit dem Schnabel die
Feder. Irgendwie hatte ich ein komisches Gefühl. War die Feder etwas verdreht
oder etwas taub vom einstechen der Nadelöse in den abgebrochenen Federkiel ?
Irgend etwas war nicht so wie
es sein sollte, Alfred merkt dies. Ich stand am Boden schaute zu meiner Zelle
hoch und dann hob ich ab. Mit rauschendem Flügelschlag ging es hoch in die
obere Zelle. Alfred schaute ganz gespannt ob die eingesetzte Feder durch die
Luft flog ? Er sah nichts, konnte es aber nicht glauben. Er kam zu meiner Zelle
nahm mich ganz vorsichtig in seine Hände, zog meinen Flügel auseinander uns
sah, die Feder war noch an Ihrem Platz genauso wie er sie eingesetzt hat. Er
setzte mich wieder auf den Schlagboden, wieder auffliegen zur Zelle, die Feder
hielt. Ach Gott, es war geschafft !
Vielleicht klappt es doch
noch in dieser Saison.
Alfred beobachtete mich die
nächsten Tage und Ihm ist natürlich nicht entgangen das ich immer wieder an
dieser Feder zupfte, das ich die Feder immer wieder durch meinen Schnabel zog um
sie einzufetten. Es war einfach ein blödes Gefühl, wahrscheinlich genau wie bei
Alfred in den Beinen und Armen die so mit Metall verbunden wurden.
Wichtig aber war! Die Feder
hat gehalten. Die nächsten Tage bis zum einsetzen zum 9 Flug hielt die Feder super
und Alfred war natürlich ganz gespannt wie ich die Situation meistern kann. Es
war ein 427 km Flug . Das Wetter war ganz passabel, aber es war immer etwas
Seitenwind gegen den ich ankämpfen musste. Die erste Taube erreichte 1217
Flugmeter. Ja und ich ? Ich kämpfte ganz verbissen, ich wollte unbedingt in die
Preise.
Die Strecke aber wurde immer
länger und länger. Stunde um Stunde kämpfte ich gegen den Seitenwind an, aber
vergebens. Total fertig kam ich als 34. von 40 im Heimatschlag an. Alfred kam
gleich zu mir an die Zelle und tröstete mich. Macht nichts mein kleiner Blauer,
wichtig das du wieder da bist und gezeigt hast das du kämpfen kannst. Er nahm
mich dann ganz lieb in seine Hände um zu schauen ob die eingesetzte Feder noch
vorhanden war ? Sie war und das ganz einwandfrei. Es stellte sich dann heraus
das ich im RV-Verband nur um ganze 4 Minuten den Preis verfehlt habe, 32 meiner
Schlagpartner konnten sich platzieren.
Im großen Regionalverband aber, reichte es gegen 10405 noch zum 3271
Rang. Dabei lagen noch 188 Preiskandidaten hinter mir und noch 7134 insgesamt.
Als mir Alfred das später berichtete war ich richtig stolz.
In der Woche zum 10. Wettflug
versorgt mich Alfred mit einigen extra Portionen, damit ich wieder richtig zu
Kräften kam.
Beim einsetzen hat er mich
extra mit einem zweiten Weibchen motiviert damit er mich aus der Reserve lockt.
Alfred wollte unbedingt wissen was in mir und der Feder steckt. Es war ein Flug
von 341 km angesagt, das Wetter war ganz gut, ein leichter Rückenwind und ich kämpfte
wie ich konnte. Ich gab einfach mein letztes um Alfred zu zeigen das sich sein
Einsatz der letzten Wochen auch gelohnt hat.
Meinen Heimatschlag vor Augen
legte ich einen Endspurt hin das alles nur so rauschte. Alfred stand wie immer
vor dem Schlag und sah mich ankommen, mit einem Tempo das er sofort um die
Feder Angst hatte, aber diese blieb ganz heil. Als 5. Schlagtaube bei 39., als
43. im RV-Verband bei 1593 Tauben. In der Einzel-Wertung lag ich an 6. Stelle,
als bester mit einmal versagt, 10/9 und 769 AS-Punkten.
Irgendwie aber war ich am Ende meiner Kräfte.
Die große Form der Anfangswochen war weg. Immerwährend musste ich die Feder
durch den Schnabel ziehen und sie einfetten.
Irgend etwas war nicht mehr
so wie es war. Aber was ? Beim nächsten Flug schaffte ich es gerade noch in die
Preise zu kommen. Als letzte Schlagtaube belegt ich gerade noch einen Preis im
letzten Zehntel der Liste. Am vorletzten Flug aber, bei 520km.da schaffte ich
es nicht mehr ganz. Von meinen Schlagpartnern konnten sich noch von 36, 24 in
den Preisen platzieren. Leider war ich erst der 25. im Schlag und verpasste den
Preis um ganze 2 Minuten.
Trotzdem war Alfred mit
meiner bisherigen Leistung sehr, sehr zufrieden und gab mir das auch zu
verstehen indem er nur mir immer wieder ein paar Leckerbissen in meine Zelle
legte.
Ja und dann kam der Endflug.
Alfred hat uns alle noch einmal besonders
motiviert.
Es sollte für unsere
Schlagtruppe noch einmal ein großer Auftritt sein. Und er war es.
Sechs, von meinen
Schlagpartnern schossen in einem gewaltigen Endspurt auf den Schlag zu
und landeten gleichzeitig auf
dem Ausflugbrett. Das Züchterherz von Alfred hüpfte vor Freude.
Es war eine Demonstration.
Wir belegten in der
Fluggemeinschaft bei 2452 Tauben, die Plätze 4,5,6,7,8,9! Von 35 Schlagpartnern
waren 27 um 13.01 in den Preisen. Die Preiszeit war 13 Minuten. Um 13.06 waren
33 Tauben im Schlag, um 13.19 die 34igste.
Eine fehlte! Ich!
Alfred konnte es nicht
glauben. Er konnte nicht glauben das ich nach all den Mühen und Kämpfen der
letzten Wochen mit der eingesetzten Feder, heute am letzten Flugtag mein Ziel,
den Heimatschlag nicht mehr erreichte.
Hatte ich doch von den
bisherigen 12 Flügen 10 mal im RV-Verband und einmal im Regionalverband die
Heimat in der Preiszeit erreicht.
Im Garten hatte Alfred Tische
und Bänke aufgebaut, um mit seiner Familie einen gemütlichen Sonntagnachmittag
zu verbringen. So richtig aber kam keine Freude auf, obwohl die Schlagleistung
meiner Partner Superklasse war. Alfred hatte immer das Anflugbrett im Auge, in
der Hoffnung das ich doch noch eintreffe. Er saß in der Runde seiner Familie
konnte aber keine klaren Gedanken fassen.
Stunde um Stunde
verging. 17.12 Uhr !!!
müde und abgekämpft flog ich
den Schlag an, Alfred sah mich sofort den er hatte ständig den Himmel und den
Ausflug im Auge, er sprang auf und schrie, er kommt, er ist da, endlich.
Seine Frau und seine Kinder
sahen die Freude in seinen Augen, Sie wussten wie er fühlte.
Er sah mich wie ich auf dem
Anflugbrett landete und sofort Kopfüber stürzte und auf dem Bauch liegen blieb.
Ach Gott, schrie Alfred,
ich wusste das dir etwas passiert sein
muss, weil du nicht angekommen bist in der Preiszeit.
Ich lag vor dem Einflug und
sah das Loch 30 cm vor mir, raffte mich noch einmal auf und stürzte durch das
Loch in den Schlag wo ich am Schlagboden liegen blieb. Alfred kam in den Schlag
und blieb erst einmal stehen und beobachtet mich kurz. Dann kam er langsam auf
mich zu, Tränen liefen über seine Wangen und er redete mit mir was den passiert
sei. Er nahm mich ganz gefühlvoll in seine Hände ging erst einmal mit mir zur
Tränke steckte meinen Kopf rein und ich trank in vollen Zügen. Dann erst drehte
er mich langsam um und sah sich meine Füße an. Ach Schreck, wo bist du denn
hingekommen sagte er zu mir. Meine beiden Oberschenkel waren verbrannt,
verkohlt. Was ist passiert fragte er mich und dachte, irgend eine Stromleitung
? Irgendwie bist du an etwas geflogen was deine Federn an den Oberschenkeln
verbrannt hat. Ich konnte es Alfred nicht genau erzählen, ich wusste es selbst
nicht was geschah.
Alfred setzte mich ganz
vorsichtig in meine Zelle, ich sah die Tränen aber auch die Freude in seinen
Augen und er sagte zu mir, Kleiner, wir haben in dieser Saison schon soviel
gemeinsam geschafft, wir schaffen auch das.
Tagelang hat er sich um mich
gekümmert, hat mir Futter und Wasser in die Zelle gebracht, hat geredet mit mir
und hat geduldig gewartet bis ich mich wieder so einigermaßen erholt hatte.
Am 8. Tag nach meiner
Heimkehr, ich stand schon wieder etwas wackelig auf meinen Füßen, brachte er
mir mein Weibchen und das Wiedersehen war wunderschön. Wir hatten noch zwei
Junge großgezogen, wunderschöne Blaue und der Alltag kehrte langsam wieder ein.
Im Herbst habe ich mein
Federkleid wieder erneuert und dabei auch die 8.linke Schlagfeder,
die bis zu diesem Tage
einwandfrei gehalten hat. Ein Lob meinem Herrn, der die Feder bestens verarztet
hat.
Jetzt sitzt das neue Gefieder
wieder eng angeschmiegt an meinem Körper und ich bin wieder Topfit.
Mittlerweile liegt Schnee vor
unserer kleinen Behausung, genau wie damals als ich geboren wurde. Weihnachten
steht vor der Tür und Alfred und ich freuen uns auf eine neue, hoffentlich
Unfallfreiere Reisesaison als in 2004.
der Blaue Vogel aus dem Bayerwald
das Original – Foto Willi Hertel / die Brieftaube 05-2005.